Neues Projekt: Tschernobyl an der Oder

In Zusammenarbeit mit dem Journalisten Robert Dobe bereitet der Verein 2020 einen Audiowalk vor, der sich mit den Auswirkungen der Reaktorkatatstrophe von Tschernobyl auf das Oderbruch beschäftigt.

Im Oderbruch kursiert ein Gerücht. Im Mai 1986 sollen dort Männer unter großer Geheimhaltung Züge gewaschen haben, die durch die Katastrophe von Tschernobyl verstrahlt worden waren. Viele von ihnen seien später an Krebs gestorben.
Ein Audio-Walk begibt sich auf die Spur dieses Gerüchtes, befragt Zeitzeugen, zitiert aus Akten und versucht zu rekonstruieren, was damals
geschah. Er deckt auf, wie diese globalen Katastrophe in der deutsch-polnischen Grenzregion systematisch vertuscht wurde und beleuchtet so exemplarisch die Strategien der DDR im Umgang mit Katastrophen, der eigenen Bevölkerung und vermeintlichen Gegnern. Er erzählt die Geschichte eines Systems, das zwar permanent die Unbedenklichkeit der Strahlungswerte beteuerte, jedoch gezielt eine tatsächliche Risikobewertung durch Überwachung, Teilinformation und Unterlassung von Messungen verhinderte.
Der Bahnhof Kietz war 1986 einer der wichtigsten Güterbahnhöfe der DDR. Rund 300 Eisenbahner rangierten, reparierten und bezettelten hier Güterzüge auf ihrem Weg zwischen Westen, Ostblock und DDR. Täglich passierten Hunderte Waggons mit Kohle, Gas, Lebensmitteln, Dünger, Fahrzeugen, aber auch Waffen und Atombrennstäben den Bahnhof. Streng überwacht durch die Staatssicherheit und permanent im Visier ausländischer Geheimdienste.
Durch die Katastrophe von Tschernobyl wurden nicht nur weite Landstriche, Lebensmittel und Menschen verstrahlt, sondern auch Fahrzeuge. Darunter LKW und Güterzüge, die unterschiedlichste Waren quer durch Europa transportierten. Weil die Bundesrepublik Fahrzeuge am Grenzübertritt hinderte, die bestimmte Strahlen-Grenzwerte überschritten, sah sich die DDR gezwungen die betroffenen Fahrzeuge an geheimen Waschplätzen zu dekontaminieren, um so finanzielle Verluste abzuwenden. Wenn überhaupt vorhanden, war die Schutzausrüstung dabei oft mangelhaft und das eingesetzte Personal ahnungslos. Völlig unbehandelt blieben zudem alle Züge, die für die DDR bestimmt waren. Mehrere Tausend verstrahlte Waggons fuhren in den Wochen nach der Katastrophe durch die Republik. Das Bahnpersonal wurde darüber nicht informiert. Stattdessen wurde durch die Staatssicherheit genauestens überwacht und dokumentiert, wenn Menschen Zweifel an der offiziellen Version der Staatsführung zu den Auswirkungen der Reaktorkatastrophe äußerten.
Entlang des roten Fadens der Recherche um die verstrahlten Züge erzählt der Audio-Walk von den Erinnerungen von Deutschen und Polen an den Zweiten Weltkrieg, von der Annäherung zwischen ostdeutschen und polnischen Eisenbahnern in Zeiten sozialistischer Freundschaft, vom Leben und Arbeiten auf den Bahnhöfen Kostrzyn und Kietz, von der Agententätigkeit internationaler Geheimdienste, von Transformationserfahrungen nach der deutschen
Vereinigung und von der Macht der schwachen Strahlung. Zu Wort kommen zwei Befehlshaber von Entaktivierungskommandos, der Leiter des Bahnhofes Kietz und einfache Eisenbahner.

Der Audiowalk kann ab dem Herbst 2022 im Bahnhof Küstrin-Kietz ausgeliehen oder auf mobilen Endgeräten über das Internet abgerufen werden. Nähere Informationen zum Start des Projektes und zu den Nutzungsmöglichkeiten folgen.

Das Vorhaben wird von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.

Deutsch-Polnisches Modelleisenbahnprojekt hat begonnen

Die Anlage im Rohbau

Zwischen 1950 und 1990 gab es beiderseits der Oder den großen Verschiebe/Rangierbahnhof Kostrzyn-Kietz. Hier arbeiteten über 350 Leute. Dieser Verschiebebahnhof war auch ein Ort deutsch-polnischer Kommunikation – unter sehr besonderen Bedingungen. Beiderseits der Oder leben noch viele Eisenbahner, die dort gearbeitet haben und sich erinnern.
Eine Gruppe junger und vor allem alter Deutscher und Polen aus Kostrzyn und Küstriner Vorland baut die Landschaft zwischen den Bahnhöfen Kietz und Kostrzyn zur Zeit von DDR und VR Polen unter Anleitung erfahrener Modellbauer nach alten Fotographien und Erinnerungen für ein etwa 20×2 Meter grosses Modell im Maßstab 1:120 nach. Neben dem Eisenbahngeschehen wird das Modell auch DDR/VR Polen-Alltagsszenen sicht-und erlebbar machen—:Arbeiter, Handwerker, Kleingärtner in ihren Anlagen, Einkaufende vor ihren Geschäften, die sowjetische Garnisionen auf der Oderinsel, Auto- und Fahrradverkehr, Schmuggler auf der Eisenbahnbrücke, Angler an der Oder, Schüler und Kindergartenkinder
usw.
In mehreren Begegnungen treffen sich über ein Jahr lang junge und vor allem alte deutsche und polnische Enthusiasten und bauen gemeinsam an diesem Modell. In dieser generationsübergreifenden deutsch-polnischen Zusammenarbeit soll ein Netz von neuen Bekanntschaften, grenzübergreifender Kommunikation, historisches Bewußtsein und Aufmerksamkeit für die Geschichte der beiden gegenüberliegenden Grenzorte entstehen. Junge
und alte Menschen werden zusammengeführt.

Unser Projekt ist auch eine grenzübergreifende historischen Werkstatt, die die Verbundenheit der Bewohner der beiden Orte mit ihrer Region und ihrer Geschichte stärkt . Erfahrene Modellbauer lernen die Teilnehmer an, sie unterstützen sie und vermitteln ihnen Fähigkeiten im Modellbau.
Ein Sprachmittler hilft bei der Verständigung.

Das Projekt wird vom Klein-Projekte-Fonds der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA gefördert

Modelleisenbahn-Projekt erhält Förderung

Jetzt ist es amtlich: Das vom Verein beantragte Projekt „Modellbahnhof Kostrzyn-Kietz“ erhält eine Förderung durch den Klein-Projekt-Fonds der Euroregion PRO EUROPA VIADRINA. In einem deutsch-polnischen Projekt entsteht eine Modelleisenbahnanlage, die die Bahnhofsanlagen und die Streckenführung der Grenzbahnhöfe in Küstrin-Kietz und Kostrzyn vor 1989 rekonstruiert. So soll ein ansprechendes Objekt entstehen, das auf lebendige Weise die Geschichte des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs zwischen der Deutschland und Polen vermittelt.

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